Das Spreeufer ist des Berliners liebstes Ausflugsziel. Ob zum gemütlichen Uferspaziergang im Herbst oder zum Picknick im Sommer. Noch strömen die Berliner und Berlinerinnen an den Fluss, der die Stadt durchquert. Doch neuerdings wird der Fluss, der gemächlich die Stadt durchquert und Ausflugsschiffen eine Heimat bietet für ganz andere Projekte interessant. Die ständig wachsende Stadt ist auf der Suche nach hochwertigem Baugrund und wird an den schönen Ufern fündig. Immer mehr wird an der Spree gebaut, immer höher und immer größer. Doch es regt sich Protest. Vor allem in den protesterprobten Stadtteilen Friedrichshain und Kreuzberg sieht man die Aktivitäten mit Argwohn. Soll hier die Gentrifizierung vorangetrieben werden? Unter Gentrifizierung versteht man die Aufwertung von Stadtteilen, die meist eine Verdrängung von Bewohnern niedrigerer Einkommensklassen mit sich bringt. Sicher ist nur: Das Spreeufer befindet sich im Wandel. In einigen Jahren werden die Berliner das grüne Idyll nicht mehr wiedererkennen.
Luxus in luftiger Höhe
Dass an der Stralauer Allee in Friedrichshain gebaut wird, ist nicht neu. Die Wohntürme, die dort vgerade von Upside Berlin gebaut werden, haben allerdings ganz neue Qualität. Sie sollen fast 100 Meter in die Höhe ragen und luxuriöse Wohnungen beherbergen. In den unteren Stockwerken beginnen die Quadratmeterpreise bei 5.000 Euro. In den oberen Etagen sollen die Kosten mehr als das Doppelte betragen.
Insgesamt sollen in den Gebäuden 400 neue Wohnungen entstehen, daneben sind auch Büros und Restaurants geplant.
Auch im Westen der Stadt wird fleißig gebaut und auch hier zieht es Investoren an die Ufer der Spree. Auf dem Grundstück der sogenannten „Spreegärten” sollen 265 neue Wohnungen entstehen. Mit den Arbeiten soll hier Ende 2018 begonnen werden. Die Kleingärtner in der benachbarten Kolonie „Pascalstraße” fürchten derweil um ihre Sonne. Unmittelbar neben der Anlage sollen die neuen Wohnungen in die Höhe ragen. Sicher ist bereits, dass mit den Wohnungen das Grün des Spreeufers noch weiter verdrängt wird.
Büros statt Wohnungen in Kreuzberg
Eines der umstrittensten Bauprojekte ist derzeit am Kreuzberger Spreeufer geplant. Hier möchte ein Online-Versandhändler direkt an der Spree in einen nagelneuen Bürokomplex ziehen. Gegen das Vorhaben regt sich allerdings Widerstand, könnte die Fläche doch für Wohnungen genutzt werden. Insbesondere dringend benötigte Sozialwohnungen sollten hier einst entstehen, doch die von der Stadt geforderte Quote war dem Investor zu hoch. Und so entschied er sich für den Bau von Büroräumen nach einem früher bereits genehmigten Bebauungsplan. Und so kommt es, dass in naher Zukunft 2.000 Zalando-Mitarbeiter von dem Areal aus den Modehandel revolutionieren, während alteingesessene Mieter um ihre Wohnungen fürchten.
Zalando argumentiert dagegen für seine Pläne, indem es darauf hinweist. dass der Konzern Arbeitsplätze für tausende Berliner geschaffen hat. Außerdem wohne eine große Zahl von Zalando-Angestellten im Bezirk Kreuzberg. Durch die neuen Büros entsteht so ein Arbeitsplatz direkt neben dem Wohnort. Ob sich Zalando in dem gut organisierten Kiez wohlfühlen wird, in dem Großkonzerne absolut nicht willkommen sind, wird sich zeigen. Doch im Gegensatz zu anderen potentiellen Mietern, die dem gesellschaftlichen Druck gewichen sind, hält das Unternehmen bisher an seinem Vorhaben fest.
Protest an der East Side Gallery
Ein anderes Vorhaben löste vor vier Jahren Massenproteste in Friedrichshain aus, als es der East Side Gallery an den Kragen ging, um einen Weg zur Baustelle zu bahnen. Nun steht das nächste Bauprojekt an der berühmten Mauer an: In der Mühlenstraße soll ein Luxushotel zusammen mit teuren Wohnungen entstehen. Für Normalverdiener werden die neuen Wohnungen nicht erschwinglich sein. Das kann schon mit Sicherheit gesagt werden, auch wenn die künftigen Mieten noch nicht bekannt sind. Sicher ist auch, dass der Platz rund um die Spree damit noch enger wird.