Einführung – Was ist Nutzhanf?

Wenn in der heutigen Zeit von Hanf als Rohstoff (natürliche Ressource) gesprochen wird, ist das in der Regel Nutzhanf. Der THC-Gehalt liegt unter 0,3 %.

Seit seiner Wiedergeburt Anfang der 90er Jahre nahm der landwirtschaftliche Anbau von Hanf kontinuierlich zu. Und doch liegt die europäische Produktion weit hinter der Nachfrage. Aufgrund seiner vielseitigen Einsatzmöglichkeiten und Eigenschaften fungiert der Hanf in sehr vielen Wirtschaftsbereichen. Er kann erfolgreich eingesetzt werden im Hausbau, ebenso als Basis für Lacke und Farben. Der Hanf hat noch nicht all sein Können in die Praxis umsetzen können. Und doch gibt es bereits zahlreiche Artikel aus Cannabis oder solche, die als Bestandteil Cannabis enthalten.

Die unterschiedlichen Pflanzenteile mit wirtschaftlicher Bedeutung werden von den modernen Cannabis-Bauern in 4 Segmente geteilt.

1. Samen

Cannabis-Samen schmecken nicht nur gut. Sie sind auch sehr gesund. Dazu zählt beispielsweise gepresstes Hanföl. Die Samenreste nach der Ölgewinnung werden in der Viehzucht als Futtermittel verwendet.

2. Fasern

Aufgrund ihrer Schädlingsresistenz und Langlebigkeit sind sie sehr gut geeignet als Dämmstoff. Ebenfalls für die Textil- und Papierherstellung eignen sich die Cannabisfasern. Die Fasern werden getrennt durch Walzen und Brechen der Stängel von der Pflanze. In Abhängigkeit der Länge der gewonnenen Faser, entstehen so feinster Zellstoff oder grobe Fliese.

3. Schäben

Als Schäben bezeichnet man die Reste der holzigen Pflanzenteile. Sie lassen sich nicht zur Fasergewinnung verwenden. Doch sie sind trotzdem mindestens genauso wertvoll. 2003 wurden von europäischen Cannabis-Bauern 31.000t Hanfschäben produziert. Diese finden als Tiereinstreu Verwendung. Insbesondere Pferde bevorzugen der Einstreu aus Hanf. Dessen Besitzer erfreuen sich an der einfachen Kompostierbarkeit.

4. Blätter

Heute können die Blüten und Blätter der Hanfpflanze zu ätherischen Ölen veredelt werden. Die sogenannten Wasserdampfdestillate sind wiederzufinden als Geschmacksstoffe für Lebensmittel und auch als Duft in Waschmitteln.

Papierindustrie

Das sogenannte Hanfpapier wurde etwa vor 2.000 Jahren erfunden durch die Chinesen. Hanftextilien waren damals bedeutendste Quelle für Papier. 75 bis 90 % des global produzierten Papiers bestanden bis 1883 aus Hanffasern. Grundstoff für Bibeln, Bücher, Landkarten, Geldscheine, Zeitungen und Wertpapiere war Hanf. Die Papierproduktion durch Holz wurde nach dem 2. Weltkrieg immer günstiger und löste somit mehr und mehr das Hanfpapier ab. Heutzutage hat Hanfpapier einen Marktanteil an der Papierproduktion zwischen stattlichen 70 und 80 %. Und trotzdem ist es kaum möglich im Geschäft Schreibpapier aus Hanf zu kaufen. Das hat folgenden Hintergrund. Lediglich ein geringer Teil der Hanffasern für den Bereich Zellstoff wird frei gehandelt. Der größte Anteil daran fließt in integrierte Prozessabläufe von Rohstoff zu Endprodukt. Dabei entstehen Spezialzellstoffe, die weiterverarbeitet werden zu Banknoten, Zigarettenpapier, technischen Filtern sowie Hygieneprodukten.

Es gibt nur wenige Hölzer, deren Zellulosegehalt höher ist als Hanf. Dazu zählen beispielsweise Fichten- und Buchenholz. Das Hanfpapier ist bekannt für seine Langlebigkeit und Reißfestigkeit im nassen Zustand. Als 1-jährige Pflanze liefert Hanf 4 – 5 Mal so viel Papier wie Wald. Ein weiterer großer Vorteil: durch die gute Reißfestigkeit ist das häufigere Recyceln des Papiers gegenüber dem Holzpapier möglich. Der derzeitig wesentlich höhere Preis von Hanf gegenüber Fichte, lässt trotz seiner Vorzüge keinen großen Anteil an der Gesamtpapierproduktion zu. Das Umdenken der Menschen im Bereich Umweltbewusstsein als auch der technische Fortschritt werden die Preiskluft jedoch in den nächsten Jahren schließen und den Hanf als Mittel zur Papierherstellung aufleben lassen.

Automobilindustrie

Das wohl bekannteste Beispiel für Hanf in der Automobilindustrie ist das weltbekannte „HempCar“. Automobil-Guru Henry Ford präsentierte es 1941 der Welt. Das HempCar wurde zu großen Teilen aus Hanf produziert. Sein Motor verbrannte nichts anderes als Hanfkraftstoff. Der heutige Marktanteil der Hanffaser an der Automobilindustrie liegt bei etwa 15 Prozent. Automobilbauer aus Deutschland verbrauchten im Jahr 2005 ungefähr 1.800 Tonnen Hanf.

Hauptaugenmerklich wird Hanf derzeit für Formpressteile verwendet. Doch die Verwendung für Kofferraumauskleidungen und Armaturen sind im Vormarsch. Der Hanf empfiehlt sich unter den Naturfasern. Er überzeugt Verbraucher und Hersteller durch seine natürliche Fungizität und der schweren Entflammbarkeit. Die Kanten von Formpressteilen aus Hanf sind nicht scharf, was Schnittverletzungen in einer Unfallsituation vermeidet. Auch in Punkto Gewicht sind Formpressteile aus Hanf deutlich leichter als die aus Holzfasern gefertigten. Insgesamt ist die Nutzung von Hanf in der Automobil-Branche äußerst wettbewerbsfähig und trägt zum Erhalt von Arbeitsplätzen bei.

Bauwirtschaft

In diesem Bereich gibt es heutzutage unzählige Produkte aus unzähligen Materialien. Doch es gibt nur ein Produkt, welches von der EU mit dem Prädikat „Naturplus“ ausgezeichnet wurde: Das ist der Thermo-Hanf. Und das ist noch nicht alles. Das Bundeslandwirtschaftsministerium vergibt eine Förderung bis zu 35 Euro für jeden Kubikmeter an Hanf-Dämmung. Aus den Baubranchen ist Hanf nicht mehr wegzudenken. Große Vorteile liegen in der hohen Reißfestigkeit und der geringen Feuchtigkeitsaufnahme der Schäben. Die Hanffasern werden häufig als Dämmstoff benutzt. Bei der Herstellung von Leichtbauplatten und Schüttdämmung werden die Schäben verwendet. Um die Festigkeit von Beton zu erhöhen, setzt man diesem Hanffasern zu.

Bereits im Mittelalter wandte man diese Methode bei Lehmbauten ein. Auch werden verdichtete Baudämmplatten aus den Fasern hergestellt. Diese Dämmplatten sind besonders schall- und trittgeschützt. Schädlingsbefall wird durch die Fasern verhindert. Die Entsorgung der Baustoffe ist wesentlich umweltschonender, da viel weniger Schadstoffe enthalten sind. Sämtliche Fachinstitute prognostizieren ein großes Wachstumspotenzial für Hanf im Baubereich. Die sinkenden Produktionskosten und das steigende Fachwissen garantieren ein Wachstum, welches weit über dem Marktdurchschnitt liegt.

Textilindustrie

Seile und Textilien aus Hanf sind bei den Menschen bekannt seit Jahrtausenden. Schon 2800 v. Chr. wurden von den Chinesen Seile daraus hergestellt. Neben der höheren Reißfestigkeit und Haltbarkeit gegenüber Baumwolle, sind die Hanffasern auch noch weicher. Die Fasern fanden somit auch Verwendung für hautfreundliche Unterwäsche und für alle auf der Haut getragenen Kleidungsstücke. Abgelöst wurden Hanf und Flachs erst mit der Produktion von „kottonisierter“ Baumwolle. Die Textilien aus Hanf sind vollkommen giftfrei. Die Haut ist beim Tragen von Hanftextilien komplett frei von Chemikalien. Denn diese werden beim Anbau sowie Ernte von Hanf nicht eingesetzt. Daher ist der Mehrwert für Allergiker besonders hoch. Etwa seit Mitte der 90er Jahre arbeitet man an der Wiedereinführung des Hanfs für die Kleidungsbranche. Dabei steht für den Standort Deutschland nicht die Langfasertextilie im Vordergrund, sondern interessanter ist die Produktion von kottonisierter Hanffaser. Bis dato müssen qualitätsbewusste Konsumenten für die ökologischen Vorteile und dem besseren Tragekomfort wesentlich tiefer in die Tasche greifen als bei Baumwolle.

Lebensmittelbranche

Der Hanf war über mehrere Jahrhunderte ein Grundnahrungsmittel und nicht wegzudenkender Ernährungsbestandteil für viele Völker weltweit. In Zeiten von Hungersnöten war Hanf die Pflanze der Pflanzen – zu verdanken hat sie dies ihrem guten Nährwert. In Australien beispielsweise konnten 2 schwerwiegende und andauernde Hungersnöte im 19. Jahrhundert mit Hanfsamen und Hanfblättern überbrückt werden. Der Hanf wird in dieser Branche in 3 Kategorien eingeteilt:

  • Essentielle Öle: Sie dienen der Geschmacks- und Geruchsverbesserung (z. B in Getränken).
  • Samen der Pflanze: Man genießt sie roh oder geröstet. Speisehanfsamen gibt es geschält und ungeschält.
  • Hanföl aus den Samen: Es ist reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, besonders die essentiellen Fettsäuren Linolsäure (50 – 70%) und Alpha-Linolensäure (15 – 25%). Auch eignet sich das Öl hervorragend zur Produktion von Margarine.

Landwirtschaft

Wichtigste Verwendung ist der Hanf als Feldfrucht. In den 90er Jahren bewahrte der Anbau von Hanf sehr viele Bauern vor dem Ruin. Der Anbau von Hanf wird durch die EU gefördert. Doch die sehr hohen Kosten von einheimischen Landwirtschaftsprodukten zwingen viele Verarbeiter zu einem Import aus Ländern wie Osteuropa oder Asien. Mit seinem hohen Vorfruchtwert sorgt der Hanf für Bodengare und Unkrautfreiheit. Chemische Unkrautkeulen werden somit nicht gebraucht. Das gilt auch für Pilz- und Schädlingsbehandlungen. Viehzüchter profitieren vom Hanf durch Verwendung als tierisches Lebensmittel (Kraftfutter für Schweine, Vogelfutter). Bei der Faserproduktion fallen Reststoffe wie Schäben an. Diese werden als Tiereinstreu für Pferde, Tauben und auch als Katzenstreu verwendet. Sie sind bestens kompostierbar und giftfrei. Auch dienen die Hanffasern den nicht freilebenden Vögeln als Nistmaterial.

Hanf wird zukünftig weiterhin auf Vormarsch sein und die Märkte erobern. Die Weiterentwicklung von Mensch und Technik sowie das steigende Umweltbewusstsein der Konsumenten, werden die Verwendungsbereiche von Hanf erweitern.