Das Kino hat in Berlin eine lange Tradition: 1895 wurde in der Hauptstadt der erste Kinofilm in Deutschland gezeigt. In den 20er Jahren war Berlin eine der führenden Lichtspiel-Metropolen in der Welt. Heute ist die Situation weniger schön, viele Kinos sind in den vergangenen Jahren verschwunden. Umso erfreulicher ist es, dass die Yorck-Gruppe jetzt den Bau eines neuen Kinos angekündigt hat.

Die Yorck-Gruppe betreibt in der westlichen Berliner City bereits eine Reihe von Kinos, so unter anderem das Kant Kino, den Delphi Filmpalast und das Cinema Paris. Mit einem Neubau soll Charlottenburg jetzt um ein weiteres Kino bereichert werden. Einziehen soll das Lichtspielhaus in jenem Gebäude, das bis vor einiger Zeit noch das Tagungszentrum „Eventpassage“ beheimatete und direkt neben dem Bahnhof Zoo steht.

Alleinstellungsmerkmale sind heute gefragt

Stellt sich zunächst einmal die Frage: Braucht Berlin und insbesondere die westliche City noch ein weiteres Kino? Schließlich gibt es in unmittelbarer Nachbarschaft schon einiges an Konkurrenz. Hier ist vor allem der erst kürzlich wiedereröffnete Zoo Palast zu nennen, der nur wenige Gehminuten vom geplanten Kino-Neubau entfernt sein wird. Im Gegensatz zu diesem soll das neue Kino allerdings kein Mainstream-Programm zeigen, sondern wird ausdrücklich als Arthouse-Kino beworben und somit eine Nische besetzen. Möglich sind laut Aussagen des Betreibers etwas Originalfassungen mit Untertiteln. Dass in Berlin Bedarf an fremdsprachigen Filmangeboten besteht, beweist seit etlichen Jahren ja auch das im Sony-Center am Potsdamer Platz untergebrachte CineStar Original.

Der Kino-Neubau könnte dann als Pendant zu diesem im Berliner Westen fungieren. Gemäß der Devise: „Klein aber fein“ sollen die einzelnen Säle auch nicht zu riesig ausfallen. Zwischen 36 und 160 Plätze sollen sie den Besuchern bieten, insgesamt sind 7 Kinosäle geplant. Da sich allerdings nur wenige Straßenecken entfernt auch die Astor Film Lounge befindet, deren Programm aus Filmklassikern besteht, bleibt mit Spannung abzuwarten, welche Nische der Neubau der Yorck-Gruppe in diesem Stadtteil besetzen wird.

Ein begrüßenswerter Trend nach langer Stagnation im Kino-Bereich

Stadt und Bewohner begrüßen das Vorhaben definitiv, denn in den vergangenen Jahren sind in Berlin viele alteingesessene Kinos zugrunde gegangen. Gerade am Kurfürstendamm mussten viele von ihnen dem Einzelhandel weichen. Der warf im Gegensatz zu den Kinos einfach höhere Gewinne ab, konnte dadurch auch die exorbitanten Mieten leichter verkraften. Manch einer erinnert sich vielleicht noch an das Kino im Marmorhaus. Heute befindet sich dort ein Bekleidungsgeschäft. Die ehemalige Filmbühne Wien wich einem Apple Store. Ein knappes Dutzend weiterer Lichtspielhäuser in diesem Stadtbezirk ereilte nach der Jahrtausendwende ein ähnliches Schicksal.

Wer in den 90er Jahren in Berlin ins Kino wollte, für den war die Gegend um den Bahnhof Zoo die erste Adresse. Heute ist davon kaum noch etwas zu spüren. Unlängst wollte ein Investor sogar das Gebäude des ehemaligen Gloria Palastes abreißen lassen, obwohl es unter Denkmalschutz steht. Umso mehr begrüßen die Berliner, das etwas von dem alten Flair wieder Einzug hält. Zusammen mit der Wiedereröffnung des Zoo Palastes im Jahre 2013 könnte der Kino-Neubau nun den Beginn dieses Revivals markieren. Auch die Stadtverwaltung freut sich über den Neubau, sieht in ihm eine Bereicherung des Kulturstandortes Berlin-West. Auch die Filmfördergesellschaft begrüßt das Projekt. Generell sei das Interesse am Kino in den vergangenen Jahren gestiegen, die Umsätze der Kinos hätten sich in den vergangenen 5 Jahren um 15 % erhöht, die Zahl der jährlichen Kinobesuche stieg um eine Million. Mit dem neuen Kino ist frühestens im Frühjahr 2017 zu rechnen. Und für wen das Kino nichts ist, wird in der ausgiebigen Film- und Theaterlandschaft Berlins bestimmt fündig.