Eine markante Fassade mit einem gewaltigen Rundbogen über dem Hauptportal, beeindruckende Emporen und seit seiner Eröffnung 1906 eine wechselvolle Geschichte prägten und prägen das Haus bis heute. Genutzt wurde es als Theater, Lichtspielkino, Club, Konzerthaus und Eventlocation. Auf prachtvolle Eröffnungen folgten unerklärte Pleiten, Eleganz wechselte mit avantgardistischer Kühle. Berühmte und bekannte Namen kamen und gingen, inszenierten Stücke oder einfach sich selbst.
Neues Schauspielhaus, Nollendorf – Palast, GOYA und ganz aktuell wieder METROPOL – nicht nur die Namen wechselten, auch die Gegend um den Theaterkomplex wandelte sich mit den Jahren. War die damals noch eigenständige Stadt Schöneberg einst Wohnort des intelligenten Bürgertums nahe der neuen Reichshauptstadt Berlin, so findet man hier heute einen quirligen und queeren Berliner Kiez.
1906 „Neues Schauspielhaus“ für Bürgertum und Kaiserhof
Erbaut als Konzert- und Theaterhaus von den KaDeWe Architekten Boswau und Knauer ist das Gebäude vor allem als Spielstätte für den kaiserlichen Hof und das reiche Bürgertum gedacht. Gegenüber gelegen ist der fast zeitgleich erbaute Hochbahnhof der Berliner U-Bahn und der Nollendorfplatz selbst ist ein sogenannter Schmuckplatz und zählt zu den schönsten seiner Art.
Architektonisches Grundthema ist der klare Stil der aufkommenden Moderne, doch finden sich auch Elemente des bis dahin dominierenden Jugendstils und barock abgesetzte Ecken. Überlebensgroße tanzende Figuren und Steinmasken zeigen theatertypische Mimik. Die so uneinheitliche Fassade erfährt viel Kritik. 1997 wird man das Haus unter Denkmalschutz stellen.
Auf einer Fläche von circa 6000 qm entstehen ein Theater mit 1.108 Plätzen, der vollständig mit Mahagoni ausgekleidete Mozartsaal sowie Wohnungen. Eröffnet wird das „Neue Schauspielhaus“ mit Shakespeare und dem schicksalhaften Theaterstück „Der Sturm“. Doch bald dominiert die leichte Muse – Operetten-, Volkstheater- und Schauspielaufführungen stehen nun auf dem Programm. „Der Juxbaron“ nach Melodien von Walter Kollo gehörte zu den gefeierten Stücken. Der eigentlich für Konzertaufführungen gebaute Mozartsaal wird bald zum ersten Berliner Kino mit eigenem Stummfilmorchester und Platzanweisern, deren Uniform stets passend zum gezeigten Film gewählt ist.
1927/28 – Karge Bühnenbilder und politisches Theater brüskierten das Berliner Bürgertum
Mit dem Avantgarde-Regisseur der Weimarer Republik, Erwin Piscator, zieht die Moderne und mit ihr ein revolutionäres Theater ein. Piscator hatte sein Engagement bei der Volksbühne aufgelöst und inszeniert nun auf der jetzt nach ihm benannten Piscator-Bühne „proletarisches Theater“. Stücke wie Ernst Tollers „Hoppla, wir leben“ begeistern Schriftsteller wie Erich Kästner, der eine neue Epoche der Theatergeschichte wähnt. Knapp zwei Spielzeiten lang empört sich das Berliner Bürgertum, dann lassen hohe Betriebskosten und knappe Kassen bei seinen Besuchern Piscator in die Sowjetunion fliehen.
Was bleibt ist die zu dieser Zeit modernste Bühne in Europa. Piscarius hatte diese mithilfe privater Gönner umbauen lassen.
Film und Theater zur Zeit des Nationalsozialismus
Zunächst unter der Intendanz von Gustaf Gründgens und zugehörig zum Verband der Volksbühnen wird das Haus 1938 aus diesem Verbund gelöst und die Leitung dem populären Schauspieler Harald Paulsen übergeben. In den folgenden Jahren präsentiert er dem nun wieder bürgerlichen Publikum hauptsächlich Operetten.
Die 50er Jahre – Filmtheater METROPOL
Das im Krieg schwer beschädigte Theater zeigt weiter Operetten- und Komödieninszenierungen, Filme und mittelmäßige Revuen. Die auffällige Fassade mit den beiden Türmen ist noch erhalten, innen ist einzig der jetzt unter dem Namen „Neue Scala“ geführte Mozartsaal geöffnet.
Ab 1951 wird das Haus ausschließlich als Filmtheater genutzt, in den 70ern spezialisiert man sich auf pornografische Filme. Es bekommt einen neuen Namen. METROPOL.
Als Handlungsort im Krimi „Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse“ präsentiert sich das METROPOL 1962 unter seinem Namen und in der Rolle, für die es immer gedacht war: Ein ausverkauftes Theater mit umjubelten Aufführungen. Der Name der Stadt – Berlin – wird im Film nicht erwähnt.
Die legendären 70er und 80er
Der Kinobetrieb wird eingestellt und eine Diskothek bestimmt für viele Jahre den Ruf des METROPOL. Mit einzigartiger Lasershow, prominenten Gästen und gefeierten Konzerten zählt die Diskothek zu den hippesten im wilden West-Berlin. Der Vergleich zum Studio 54 in New York wird schnell gezogen. Es gibt den „Metropol-Sound“, „Metropol-Charts“ und mit dem „Metropol-Dollar“ sogar eine eigene Währung. Depeche Mode spielen ihr erstes Berlinkonzert, Tina Turner, David Bowie, Iggy Popp oder Nina Hagen sind gern und häufiger gesehen.
Doch nach dem Mauerfall sind die Partys vorbei, die Szene zieht es hin zu neuen Orten. Mondäne Größe weicht noch unbekannten Ruinen. Das Tacheles in der Oranienburger Straße im Ostteil von Berlin wird zur erklärten Spielwiese der Partygänger. Das METROPOL verkommt zur Bedeutungslosigkeit. Ein kurzes Intermezzo gibt der tabulose KitKatClub, findet jedoch nach Differenzen mit dem Vermieter rasch eine neue Bleibe.
2005 bis 2014, erfolglos trotz neuen Glanzes
Das Haus wird nach Entwürfen des Stararchitekten Hans Kollhoff und einer Summe von 11 Millionen Euro zum exklusiven Speise- und Tanzclub GOYA umgebaut. Polierter Stein, große Spiegelflächen und roter Teppich bringen Luxus und Glanz. Das Geld stammt aus dem vom Barbetreiber Peter Glückstein gegründeten GOYA AG Fond, gegründet für die Party-Könige von Berlin.
Doch die Besucher bleiben aus und auch das Geld reicht nicht, von Misswirtschaft und fatalem Management ist die Rede. Nach nur 11 Monaten erlöschen die Kronleuchter aus venezianischem Muranoglas.
Die Unternehmensberatung Treugast saniert und vermietet das GOYA nach der Pleite mehr oder weniger erfolgreich. Schließlich übernimmt die „Nollendorfplatz 5 Betreibergesellschaft“ mit Michael Andler das Haus und verspricht After-Show-Partys, Empfänge, Präsentationen, Modeshows, Konzerte und Events für 2 bis 1500 Personen. Er hält länger durch als sein erfolgloser Vorgänger und doch gibt auch er 2014 auf. Vielleicht ist der Schöneberger Kiez mit seiner aktiven Schwulen- und Lesbenszene einfach noch nicht bereit für einen solch edlen Club.
Herbst 2019, eine neue Ära unter traditionsreichem Namen beginnt
Fünf Jahre nach der Schließung bringt der Konzertveranstalter Trinity Music mit seinem Chef Thomas Spindler neues Leben in die imposanten Räume. Auch er setzt auf eine vielfältige Nutzung als Veranstaltungsort, Konzertspielfläche und Partylocation – allerdings nicht nur für ein ausgesuchtes Publikum, sondern für alle. „… um dem Berliner Nachtleben erneut seinen Stempel aufzudrücken“, lässt er in einer Mitteilung verkünden.
Die riesigen Buchstaben des erfolglosen GOYA sind längst abmontiert und auf der Fassade erstrahlt glanzvoller ein bekannter Name – METROPOL.